Im Zeichen des Bauhauses: 1919-2019

GfDg-Jahrestagung
am 3. und 4. Mai 2019
in den Kunstmuseen Krefeld

Die Kunstmuseen Krefeld und die Gesellschaft für Designgeschichte veranstalten anlässlich des Bauhaus-Jahres 2019 eine gemeinsame Tagung zum Design in der heutigen Zeit. Entwurf, Produktion und Gebrauch der Gestaltung für den Alltag stehen im Vordergrund dieser historisch wie theoretisch ausgerichteten Tagung. Aus heutiger Perspektive kann das Motto von Walter Gropius zur ersten Bauhaus-Ausstellung 1923 im Haus Am Horn in Weimar, „Kunst und Technik – eine neue Einheit“, zum Ausgangspunkt einer Diskussion über die Digitalisierung und ihre ästhetischen, gestalterischen wie sozialen Auswirkungen genommen werden. 

Die Tagung war in drei Themenblöcke gegliedert, mit denen in einem großen Bogen Grundfragen der Weimarer Zeit und die Entwicklungen seit den 1950er Jahren unmittelbar für die aktuellen Diskurse des digitalen Zeitalters fruchtbar gemacht werden sollten. Die Veranstaltung fand am 3. und 4. Mai 2019 im Thorn-Prikker-Saal des Kaiser Wilhelm Museums und an weiteren Orten in Krefeld statt.

1. „Kunst und Technik – eine neue Einheit“ (Walter Gropius 1923)

Historische Verortung der Thematik in den Debatten der 1920er Jahre

Die propagierte Einheit von Kunst und Technik fand damals am Weimarer Bauhaus nicht nur enthusiastische Anhänger, sondern auch leidenschaftliche Gegner. So schrieb Walter Gropius 1924 im Brevier für Bauhäusler von 1924: „Kunst und Technik eine neue Einheit! Technik braucht nicht Kunst, aber Kunst braucht sehr wohl Technik“. Dagegen äußerte sich Lyonel Feininger in einem Brief vom 1. August 1923 an Julia Feininger: „diese Verkennung der Kunst ist aber ein Symptom unserer Zeit. Und die Forderung nach ihrer Zusammenkoppelung mit der Technik ist in jeder Hinsicht unsinnig.“ Die hier angedeutete Kontroverse betraf auch die Einstellung zur kunsthandwerklichen und industriellen Produktion und ihre gesellschaftlichen Auswirkungen. Mit ähnlichen Argumenten und Begründungen reicht die Problematik bis in die heutige Zeit. Die eingereichten Beiträge sollen das historische und/oder theoretische Spektrum dieser Kontroverse durchleuchten.

2. Wissenschaft, Technik, Gestaltung

Von der Bauhaus-Rezeption der 1950er Jahre bis zur High-Tech-Bewegung ab Ende der 1970er Jahre

An der Hochschule für Gestaltung Ulm stellte die Verwissenschaftlichung der gestalterischen Ausbildung mit semiotischen, mathematischen und planungstheoretischen Modellen eine nochmalige Verstärkung der technischen und wissenschaftlichen Anteile der Gestaltung dar. Die von Herbert Ohl, dem damaligen Leiter der Hochschule, ausgegebene Devise „Design ist messbar“ versprach eine Objektivierung der Gestaltung und prägte eine an Fortschritt, Technik und Wissenschaft orientierte Mentalität. Gestaltung verstand sich in kultureller und sozialer Hinsicht als Industrie Design innerhalb einer breiten Industriekultur. Eine besondere Form der Technik-Euphorie bildete die High-Tech Bewegung seit dem Ende der 1970er Jahre mit ihrer offen zur Schau gestellten Begeisterung für industrielle Materialien und Produkte. Dieser Aspekt ist bisher viel zu wenig als Bestandteil einer grundsätzlichen Designmentalität gesehen worden, die zwischen Pop und Postmoderne gleichzeitig den Weg für eine intellektuelle Reflexion und antiindustrielle Praxis des Designs bereitete.

3. Digitalisierung, Globalisierung und soziale Kompetenz heute

In diesem Themenblock sollen die aktuellen Diskussionen im Fokus stehen. Der globale Austausch von Waren, Dienstleistungen, sozialen Bewegungen und Ideen wäre ohne Digitalisierung und globale Vernetzung nicht möglich. In technischer wie sozialer Hinsicht sind nun völlig neue Entwurfspraxen möglich. Über das Internet werden Entwürfe in Länder mit einer kostengünstigen Produktion versendet, dort angepasst und hergestellt. In wohlhabenden Ländern entstandene Entwürfe setzten sich mit den sozialen Bedingungen und Lebenswelten in Katastrophengebieten auseinander. Zunehmend werden seit den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts die sozialen Dimensionen der Gestaltung reflektiert. In der Betonung des „Unsichtbaren“ in der Gestaltung (Lucius Burckhardt) und den vordergründig unsichtbaren sozialen Vorgängen, die mit der Benutzung eines Gebrauchsgegenstandes verbunden sind, verschwindet zugleich die materielle Seite des Gegenstandes mit der Gestaltung von Form, Material und Farbe. Dadurch wird der Zusammenhang zwischen digital gesteuerten Programmen und sozialen Prozessen immer bedeutender. Es entsteht die Frage nach dem „Digitalschönen“ (Byung-Chul Han).

Tagungsprogramm
Tagungsbroschüre