DESIGNENTSCHEIDUNGEN und ihre jeweilige Begründung.
Call for Papers – Jahrestagung der Gesellschaft für Designgeschichte e.V. in Kooperation mit dem Staatlichen Textil- und Industriemuseum Augsburg (tim) am 5. und 6. Juni 2020
Entwurfsprozesse können als Abfolge bewusst oder unbewusst getroffener Entscheidungen betrachtet werden. Unter dieser Perspektive ist die uns umgebende Welt der Artefakte das Resultat von Beschlüssen, die andere, meist uns unbekannte Personen bei der Gestaltung von Produkten, medialen Werken oder Gebäuden irgendwann einmal gefasst haben. Mit Blick auf das Design lässt sich feststellen, dass Entscheidungen oftmals multikausal begründet sind. Neben ästhetischen spielen und spielten vor allem technische, ökonomische, gesellschaftlich-kulturelle, manchmal juristische, zeitweise aber auch verstärkt politische oder ökologische Bedingungen und Beweggründe eine Rolle. Obwohl solche Gesichtspunkte zu Entscheidungen führen, die Designentwürfen ihre jeweilige Ausprägung und Erscheinung verleihen, sind die Entscheidungsgründe am späteren Erzeugnis (insbesondere für Laien) in der Regel wenig ablesbar. Vielfach lässt sich erst durch eine akribische designwissenschaftliche Untersuchung nachvollziehen, nach welchen Kriterien und aufgrund welcher Einflüsse Ideen im Entwicklungsprozess selektiert wurden. Das gilt insbesondere für Entwürfe, deren Entstehungszeitraum weit in der Vergangenheit liegt.
Um historische Designleistungen also nicht nur stilistisch-ästhetisch einzuordnen, sondern vor dem Hintergrund ihrer gesamtprozessualen Poiesis begreifen zu können, richtet die Tagung der Gesellschaft für Designgeschichte im Jahr 2020 ihr Augenmerk auf die unterschiedlichen Motive hinter Designentscheidungen (etwa auch in Wettbewerbssituationen). Sie beleuchtet, weshalb bestimmte Artefakte so, wie sie die Öffentlichkeit kennt, und nicht anders geformt, gefärbt beziehungsweise strukturiert wurden. Zudem liegt das Interesse auf Entscheidungen, die beinahe getroffen worden wären, und auf deren rückblickend als möglich anzunehmenden Auswirkungen. Die Geschichten, die uns die Genese eines Artefakts erklären, sind meist mindestens so aufschlussreich wie das daraus hervorgegangene Ergebnis selbst. Sie zu erforschen stellt ein komplexes Unterfangen dar und erfordert ein Methoden-Set so vielschichtig wie die dabei zu stellenden Fragen. Das Anliegen hierbei liegt jedoch nicht nur in historischem Interesse begründet. Dass vor dem Hintergrund des maschinellen Lernens Computer zukünftig immer stärker in die Auswahl von Alternativen eingebunden sein werden, lässt der Kenntnis über Designentscheidungsgründe und -prozesse eine noch größere Bedeutung zukommen.
Gastgebendes Haus der GfDg-Jahrestagung 2020 ist das staatliche Textil- und Industriemuseum Augsburg (tim, Link: timbayern.de). Zu dessen Ausstellung und Sammlung gehören ein historischer Maschinenpark sowie eine umfangreiche und ebenso seltene textile Mustersammlung. An diesen Exponaten wird augenscheinlich, wie technische Fähigkeiten, internationale Einflüsse, Konsumwünsche, politische Agitationen, Mode und Zeitgeist, aber auch der Mut von einzelnen Fabrikanten und nicht zuletzt Spionageeifer ineinandergreifen, wenn es darum geht, Designentwürfen eine erfolgversprechende Richtung zu geben.
Wir freuen uns auf Themenbeiträge, die sich historischen Designentscheidungen sowie deren Begründungen widmen und (wenn möglich und sinnvoll) darüber hinaus erläutern, welche Analyseverfahren zur Klärung der einzelnen Fragestellungen zur Anwendung gekommen sind. Nicht unerwähnt bleiben soll, dass auch Berichte von Zeugen/innen aus Entwurfs- und Entwicklungsteams, die bis in die 1990er Jahre datieren, willkommen sind.
Bitte senden Sie Ihr Abstract mit bis zu 400 Wörtern und eine Kurzbiografie bis zum 19. Januar 2020 an: info@gfdg.org.